Am 25. Mai feierte die KMB Österreich den Märtyrer Franz Jägerstätter mit zahlreichen Pilger/innen aus nah und fern. Mit Fahrrad, zu Fuß und mit Auto kamen die Männer und einige Frauen zum Jägerstätterhaus, um einen das Leben Jägerstätters aufschließenden Vortrag des Linzer Journalisten und Kirchenzeitung Redakteur Josef Wallner zu hören. Anschließend pilgerten alle auf dem Jägerstätter-Weg zur Kirche in St. Radegund zum Gottesdienst gestaltet von der KMB der Diözese Linz und abschließenden Beisammensein im nahen Gasthaus.
KMBÖ-Generalsekretär Josef Pumberger stellte seinen Artikel unter das Jägerstätter Motto „Für den, der so viele Leute umbringt, kann ich nicht kämpfen“. Der Kriegsdienstverweigerer ist auch für heute ein Vorbild im klaren und genauen Hinsehen.
Der selige Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (1907-43) hat klar gesehen, wie zerstörerisch Adolf Hitler und sein NS-Regime am Werk waren, und er hat seine Konsequenzen daraus gezogen. Das unterstrich der Linzer Journalist und Jägerstätter-Fachmann Josef Wallner bei der 16. Sternwallfahrt der Katholischen Männerbewegung Österreich (KMBÖ) nach St. Radegund, dem Geburtsort Jägerstätters, am Wochenende. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Den Stürmen der Zeit standhalten“. Während viele in Deutschland und Österreich Hitler noch zujubelten, habe der tiefgläubige und belesene Bauer aus dem kleinen Dorf an der Salzach sich immer wieder selbst ein Bild gemacht, genau hingesehen und das Gesehene und Gehörte zu Ende gedacht.
Als ein Beispiel nannte Wallner die Erfahrungen, die Jägerstätter in der Wehrmacht während seiner Ausbildung in Enns und Ybbs machte. Ende Februar 1941 erfuhr er in Ybbs von der Heil- und Pflegeanstalt, in der an die 1.700 psychisch kranke Menschen untergebracht waren. Wie die PatientInnen aller psychiatrischen Anstalten des Deutschen Reiches wurden auch die von Ybbs Opfer der Euthanasieaktion des NS-Staates. Von August 1940 an wurden Patient/innen nach Hartheim transportiert und dort getötet. „Er erfuhr vor Ort aus erster Hand von den Vorgängen und ließ sich davon betreffen, hat das Geschehen in seiner ganzen Tragweite wahrgenommen“, so Wallner. Er schrieb dazu an seine Frau Franziska: „Es soll schon auf Wahrheit beruhen, wie du mir einmal erzählt hast, was mit diesen Leuten geschieht. Wie uns ein Bauer, wo wir einquartiert sind, erzählte, sollen sich hier schon traurige Szenen abgespielt haben.“
Bemerkenswert sei, so Wallner, dass Franziska Jägerstätter in mehreren Interviews im Vorfeld der 2007 erfolgten Seligsprechung auf die Erfahrung ihres Mannes in Ybbs zu sprechen kam. Die Frage, ob man den Entschluss ihres Mannes, einen weiteren Wehrdienst zu verweigern, an einem bestimmten Punkt festmachen kann, habe sie geantwortet: „Bei der Ausbildung haben sie ihn sehr sekkiert, weil er frömmer war als die anderen. Dort hat er auch von Hartheim erfahren. Für den, der so viele Leute umbringt, kann ich nicht kämpfen, hat er gesagt.“
Wallner: „Die Euthanasie war ein Baustein der Verweigerung Jägerstätters, aber ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass über die Bedeutung der Euthanasie nachzudenken, damals alles andere als selbstverständlich war. Dass Jägerstätter da überhaupt hinschaut, hebt ihn heraus. Dass er die Tragweite und vor allem die Tiefendimension des Geschehens erfasst, macht ihn zu einem Vorbild in dem, was es heißt ‚zu sehen‘. Das ist ein Grund, warum ich ihn so sehr schätze: Er war ein bewundernswert wacher Zeitgenosse. Er hat die Augen offengehalten und nicht nur auf den ‚Führer‘ gestarrt, sondern er hat sich umgeschaut.“
Zudem habe Jägerstätter jenen Dreischritt verinnerlicht gehabt, der als bewährte Methode der gesamten Katholischen Aktion (KA) gilt: „sehen, urteilen und handeln“. Erst zum 75-Jahr-Jubiläum der KA vor wenigen Wochen in Linz sei dieses „alte, aber bis heute ungebrochen brauchbare Prinzip“ wieder erneuert worden: Jägerstätter sei diese drei Schritte – ohne sie explizit so zu kennen oder zu nennen - in exemplarischer Weise gegangen. „Das hat ihm geholfen die Stürme der Zeit wahrzunehmen und ihnen standzuhalten“, hielt Wallner fest.